Unsere Förderprojekte
Seit seiner Gründung 1994 unterstützt der Berliner Dombau-Verein durch Mitgliedsbeiträge und Spenden die Vollendung des Wiederaufbaus und den Erhalt des Berliner Doms.
Aktuelle Förderprojekte
Bauliche Projekte
2023-25: Rekonstruktion eines verlorenen bauzeitlichen Kandelabers
An der Südostecke des Doms zur Spree hin wurde 1905 ein gusseiserner Kandelaber aufgestellt (siehe Abbildungen). Bestellung und Bezahlung des Kandelabers durch die königliche Dombauverwaltung sind im Domarchiv dokumentiert. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Kandelaber verloren, wann genau, ist nicht bekannt. Der Dombau-Verein startete 2021 eine Spenden-Sonderaktion mit dem Ziel der baldigen Rekonstruktion des Kandelabers und bewarb diese Aktion mit einem Einlegeblatt zu seinem Flyer. Im Hinblick auf die bevorstehende Wiedereröffnung der Hohenzollerngruft mit einem geplanten Ausgang im Bereich des historischen Kandelabers steht die Rekonstruktion und Wiederaufstellung des Kandelabers seit 2023 im Mittelpunkt der baulichen Förderprojekte des Dombau-Vereins.
2022: Skulpturen des Moses und Johannes des Täufers auf der Ostseite des Doms
Unter Nutzung des Baugerüsts an Turm D bot sich in 2022 für den Dombau-Verein die Gelegenheit, die Instandsetzung der Skulpturen des Moses und Johannes des Täufers auf der Ostseite des Doms zu fördern. Dombaumeisterin Sonja Tubbesing schreibt zu diesem Projekt:
Mit dem Beginn der umfassenden Fassadeninstandsetzung seit 2019 und den Erkenntnissen der letzten Jahre, bilden die beiden Figuren an der Ostseite des Berliner Doms nun den Abschluss der Instandsetzung des figürlichen Schmucks oberhalb des Hauptkranzgesimses.
Bauzeitliches Foto der Ostseite des Doms mit den Skulpturen Moses und Johannes
Wie auch schon an den vorangegangen sanierten Bauteilen sind Schmutzauflagen, biogener Bewuchs und schadhafte Fugen und daraus resultierende Korrosion der Verankerungen das durchgängige Schadensbild.
Doch die heute bekannten Schäden waren wohl auch schon früher vorhanden und bekannt: nach einem Bericht des Dombaumeisters Hoffmann vom 08.09.1937 heißt es: „Heute war ich mit Herrn Martin sen. der Firma Martin & Piltzing beim Standbild des Täufer Johannis auf dem Dom. Der Heizer Scheffel hatte vor einiger Zeit den oberen Teil der linken Hand aussen auf dem Hauptgesims gefunden und in den Keller gebracht. Die Eisenverbindung war durch Rost völlig zerstört und die Sandsteinecken abgesprengt worden… Johannis wittert am Bart und in den Augen. Es muss für besseren Wasserabfluss aus den Locken gesorgt werden, damit nicht soviel Wasser von oben in den Stein dringt.“ Nach wohl erfolgter Instandsetzung heißt es dann aus einem Protokoll über Fliegerschäden am 26.12.1940 weiter: „Johannes der Täufer hat rechte Hand verloren.“
Die Figuren Moses, geschaffen von Gerhard Janensch, und Johannes, entworfen von August Vogel, sind leider im Zweiten Weltkrieg komplett verloren gegangen. Während der Wiederaufbauarbeiten zwischen 1975 und 1984 sind sie nach bauzeitlichem Vorbild neu geschaffen worden, jedoch mit einer Neuinterpretation der Gesichtszüge mit sozialistischem Hauch.
Johannes der Täufer um 1900 (links) und 2022 (rechts)
Moses um 1900 (links) und in 2022 (rechts)
Die aktuelle Instandsetzung sieht eine Vorreinigung der Fa. Kärcher mit Wasserdampf zur Beseitigung des biogenen Bewuchs und der lose aufliegenden Verschmutzung vor, anschließend erfolgt eine Reinigung mittels Mikrotrockenstrahlverfahren, um dann die Arbeit durch Restauratoren und Steinmetze mit der Sicherung der Oberflächen, Ergänzungen der geschädigten Bereiche und dem Schließen der offenen Fugen abzuschließen.
Bei der Skulptur des Johannes kommt leider noch ein leichtes Kippen des Oberkörpers, die Figur ist in drei Teile unterteilt, hinzu, welches durch die Sicherung mittels Rückverankerung durch einen neuen Edelstahldorn behoben wird.
Der Dombauverein unterstützt die Domgemeinde mit der Übernahme der Kosten für die Instandsetzung dieser beiden Figuren, die Vorreinigung durch Fa. Kärcher geschieht ebenfalls kostenlos für den Berliner Dom.
2021: Vasen Turm D
Auf Vorschlag des Dombaubüros beschloss der Vorstand im April 2021, die Restaurierung von vier Kupfervasen auf dem Nord-Ost Turm des Doms finanziell zu fördern. Dombaumeisterin Sonja Tubbesing beschrieb das Projekt wie folgt:
Foto um 1960 mit Kriegszerstörung und den noch vorhandenen Vasen der beiden Ost-Türme
Die vier noch vorhandenen Kupfervasen am Turm D (Nord-Ost) sind in der Wiederaufbauphase um 1985 gesichert worden. Dies fand durch Verstärkung der vorhandenen Eisenkonstruktionen statt, welche nun über die Jahre starke Korrosionsschäden aufweisen. Da der Turm derzeit aufgrund der Fassadeninstandsetzung im Gerüst steht, können die vier Vasen inklusive ihrer Unterkonstruktion ertüchtigt werden. Dies soll durch Austausch der Unterkonstruktion und Sicherung der Vasen geschehen. Leider ist die bauzeitliche Unterkonstruktion nicht mehr zu halten, da die Korrosion und die Behandlung mit bleihaltiger Farbe das Überarbeiten der Stahlträger nicht ermöglicht. Daher werden die vier Unterkonstruktionen neu in Edelstahl hergestellt. Die vier Kupfervasen weisen ebenfalls Schäden an den Oberflächen auf. Sie werden demontiert und in der Werkstatt des Restaurators gefestigt und konserviert. Die vergoldeten Oberflächen der Flammen sind stark beschädigt, die Neuvergoldung soll in Absprache mit dem Landesdenkmalamt wiederhergestellt werden.
Die vier fehlenden Vasen des Turms A (Süd-Ost), hier im Foto noch vorhanden, können im Jahr 2022, wenn dieser Turm saniert wird, rekonstruiert werden. Hierzu erarbeiten Denkmalpflegerin Damaris Gorrissen und Dombaumeisterin Sonja Tubbesing derzeit ein Konzept.
Links: Vase vor Gerüststellung, 2021
Mitte: Vase im Gerüststellung, 2021
Rechts: Demontierte Vase, 2021
Links: Schäden an der Kupfer-Oberfläche, 2021
Rechts: Unterkonstruktion, 2021
Dokumentenrestaurierung
Der Dombau-Verein fördert die Restaurierung historischer Zeichnungen und Pläne aus dem Domarchiv.
2024
Der Dombau-Verein setzt die Förderung der Dokumentenrestaurierung in 2024 auf unverändertem Niveau fort.
2023
Domarchivar Yves Pillep beschreibt die in 2023 erfolgte Restaurierung von Plänen und Dokumenten wie folgt: Die Restaurierung historischer Bauzeichnungen des Domarchivs konnte mit der finanziellen Unterstützung des Berliner Dombau-Vereins 2023 fortgesetzt werden. So wurden 34 Pläne aus dem Bestand 18, die unterschiedlichste Schäden – von Verschmutzung über Knicke, Risse und Fehlstellen bis zur Schimmelkontamination – aufwiesen, durch die Dipl.-Restauratorin Silke Schröder bearbeitet. Darunter befand sich eine Reihe von Vorentwürfen Raschdorffs zum später ausgeführten Domneubau. So sehen wir auf Nr.1418 einen Gesamtgrundriss des Erdgeschosses in der Planung von 1888. Die Kanzel der Predigtkirche war hier offenbar noch für die Südostkonche vorgesehen.
Blatt 1418: Gesamtgrundriss des Erdgeschosses in der Planung von 1888 (Foto: Domarchiv)
Die Kanzel der Predigtkirche war hier offenbar noch für die Südostkonche vorgesehen. Ein Jahr später entstand Nr.1409 mit einer Ansicht von West. Kuppel und begleitende Türme wirken im Vergleich zur ausgeführten Fassung noch relativ gedrungen und weisen ein eher kompaktes Erscheinungsbild auf.
Blatt 1409: Ansicht von West von 1889 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1434: Ostfassade, 1889 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1412: Nordfassade mit Denkmalskirche, 1889 (Foto: Domarchiv)
Nr. 1434 zeigt die entsprechende Ostfassade, Nr.1412 die Nordfassade mit Denkmalskirche. Auf Nr.1424 ist der Lageplan der Dombaustelle dargestellt, dessen leuchtende Farbigkeit durch die Restaurierung aufgefrischt wurde.
Blatt 1424: Lageplan der Dombaustelle (Foto: Domarchiv)
Die Zeichnung enthält den Grundriss des Domneubaus und des barocken und von Schinkel klassizistisch überformten Vorgängers, die Fragmente des unvollendet gebliebenen Stülerschen Campo Santo im Norden sowie weiterer Baulichkeiten, die 1893 sämtlich „Im Abbruch begriffen“ waren. In Nr.1432 schließlich blicken wir in die Denkmalskirche mit ihrem Kapellenkranz.
Blatt 1432: Denkmalskirche mit ihrem Kapellenkranz (Foto: Domarchiv)
2022
Die Auswahl zu restaurierender Bauzeichnungen in 2022 beschrieb Domarchivar Yves Pillep seinerzeit wie folgt: In Fortsetzung der vergangenen Restaurierungsprojekte werden 2022 insgesamt 15 historische Baupläne aus Bestand 18 des Domarchivs mit der finanziellen Hilfe des Berliner Dombauvereins restauriert. Darunter befinden sich einige Entwürfe zu einem Neubau anstelle der Denkmalskirche, die – wie der Berliner Dom insgesamt – im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt wurde. Die Autoren dieser Entwürfe, die vermutlich aus den 1950er Jahren stammen, sind unbekannt. Hinzu kommt eine Darstellung der Konstruktion der Kuppellaterne von 1952, vermutlich zur provisorischen Kuppel gehörend, mit der in diesen Jahren die kriegszerstörte Domkuppel wieder geschlossen wurde. Daneben gehören Grundrisse, Schnitte und Ansichten aus der Erbauungszeit um 1900 zur Auswahl der zu restaurierenden Pläne. In einen Grundriss des Gruftgeschosses wurden dabei nachträglich die Kriegsschäden im Fußboden der Predigtkirche eingezeichnet. Interessant ist eine, aus dem Jahr 1934 vermutlich vom damaligen Dombaumeister Bernhard Hoffmann stammende Zeichnung zu einem „Deckel der Gruftversenkung“. Damit dürfte wohl die Abdeckung eines Aufzugs gemeint sein, der die Denkmalskirche mit dem darunterliegenden Teil der Gruft verband.
Blatt 1387: Entwurf für den Wiederaufbau um 1950, Ansicht der nördlichen Ostfront mit Denkmalskirche (Foto: Domarchiv)
Blatt 1393: Konstruktionszeichnung der (provisorischen) Kuppellaterne 1952 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1400: Gruftgeschoss (Inventarzeichnung 1909) mit Einzeichnung von Kriegsschäden (in Rotstift, nach 1945) (Foto: Domarchiv)
Blatt 1386: „Deckel der Gruftversenkung“, 1934, Abdeckung eines Aufzugs von der Denkmalskirche in die darunterliegende Gruft (Foto: Domarchiv)
Die in 2021 erfolgte Restaurierung historischer Zeichnungen und Pläne umfasste u.a. folgende Blätter:
Blatt 1369: Dom zu Berlin, Inventarzeichnung, Westfront, 1909 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1374: Dom zu Berlin, Eisenkonstruktion der Hauptkuppel, 1897 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1375: Dom zu Berlin, Luftschutzplan, März 1944 (Foto: Domarchiv)
Blatt 1641: Lageplan einiger Grundstücke des Königlichen Domkirchen Kollegiums, 1911 (Foto: Domarchiv)
Beiträge des Dombau-Vereins zur Wiedergewinnung der historischen Raumgestaltung (bis etwa 2003)
Nach dem äußeren Wiederaufbau und bei spärlicher werdenden öffentlichen Geldern rückte die Wiedergewinnung der historischen Raumgestaltung in den Vordergrund. Hier konnte der Dombau-Verein dank anfangs hoher Mitgliederzahl und großen Spendenaufkommens in seinen ersten zehn Jahren erhebliche Summen für Förderprojekte beitragen, darunter die
- Rekonstruktion dreier Mosaikgemälde der Kuppel
- Rekonstruktion zweier ovaler Fenster des Chorraumes
- Farbverglasungen einiger Türen
- Eröffnung des Dommuseums sowie die Restaurierung zahlreicher Museumsexponate.
Ohne den Beitrag des Vereins in dieser Zeit im Einzelnen beziffern zu können, sei hier auch verwiesen auf die Festschrift des Dombau-Vereins von Dezember 2003 aus Anlass der 10-jährigen Wiedereinweihung der Predigtkirche. Das hier enthaltene reiche Bildmaterial und Textbeiträge von Joachim Putzmann (Gründungsvorsitzender des Dombau-Vereins), Dr. Peter Goralczyk (Denkmalpfleger) und Rüdiger Hoth (Dombaumeister) dokumentieren die gemeinsame Leistung von Domgemeinde, Kirchenverwaltung, Staat, Land Berlin, Dombau-Büro sowie Berliner Dombau-Verein.
Beiträge des Dombau-Vereins in der Folgezeit
Während in der Folgezeit Interventionen zum Erhalt baulicher und dekorativer Elemente des Doms weiter im Vordergrund stehen, bildet die Sicherung des archivalischen Erbes inzwischen einen neuen Förderschwerpunkt. Die Beiträge des Vereins an der Seite der genannten Partner bis ca. 2014 sind dokumentiert in der Festschrift zum 20jährigen Bestehen des Berliner Dombau-Vereins. Neben der wiederum reichen Bebilderung sind hier zu erwähnen die Textbeiträge von Dr. Horst Winkelmann (Vorsitzender), Dr. Peter Goralczyk (Denkmalpfleger) und Yves Pillep (Domarchivar).
Restaurierung baulicher und dekorativer Elemente
Hervorzuheben sind hier die
- Restaurierung des Gemäldes „Nazareth“ und einer Deckenkrone aus dem Kaiserlichen Treppenhaus
- Restaurierung von Apostelfiguren an der Westfassade
Restaurierung des Gemäldes „Nazareth“ und einer Deckenkrone aus dem Kaiserlichen Treppenhaus
Links: „Nazareth, die Jugendzeit Jesu“ Gemälde aus dem Zyklus „Das Leben Christi“ im Kaiserlichen Treppenhaus, Albert Hertel, Tempera auf Leinwand, 1904/1905
Rechts: 10-flammige Deckenkrone, Rekonstruktion nach dem Entwurf und dem vorhandenen Baldachin mit Kettenresten für das Kaiserliche Treppenhaus durch den Ziseleurmeister Günter Tigge, Berlin, 2006
Restaurierung von Apostelfiguren an der Westfassade
Die vom Dombau-Verein geförderte Restaurierung von Apostelfiguren an der Westfassade wird in einem Aufsatz von Dombaumeisterin Sonja Tubbesing mit Damaris Gorrissen, Baudenkmalpflegerin, in den größeren Kontext der Fassadenrestaurierung der großen Ecktürme des Berliner Doms gestellt.
Apostel Jakobus vor und nach der Restaurierung 2020
(Fotos: Sonja Tubbesing)
Großes Gipsmodell des Berliner Doms
In 2016 hat der Dombau-Verein erhebliche Mittel für die Restaurierung eines großen Gipsmodells des Berliner Doms eingesetzt. Das Modell wurde um 1890 gefertigt und zeigte das Gesamtbauwerk weitgehend in der von Julius Carl Raschdorff ab 1894 umgesetzten Fassung (siehe Abbildung: Gipsmodell des Doms um 1890). Das Modell hat durch Krieg und Vernachlässigung und später während des Wiederaufbaus des Doms schwer gelitten. Auch der Zustand 1977 (siehe Abbildung: Gipsmodell, Zustand 1977) hat sich in der Folgezeit nicht annähernd erhalten. Jetzt ist das Modell in Einzelteile zerlegt, aber in dieser Form zumindest gesichert. Eine Wiederherstellung des Modells, beginnend mit der großen Kuppel (siehe Abbildung: Gipsmodell, Wiederherstellung der Kuppel 2018), wurde vom Dombau-Verein ideell und finanziell gefördert, in 2017 jedoch wegen ungewisser Gesamtkosten eingestellt. Einer Wiederaufnahme dieser Arbeiten stehen vor allem die hohen Kosten entgegen.
Links: Gipsmodell des Doms um 1890
Rechts: Gipsmodell, Zustand 1977
Gipsmodell, Wiederherstellung der Kuppel 2018
Sicherung des archivalischen Erbes
Die Sicherung des archivalischen Erbes und die Schaffung einer baulichen Bestandsdokumentation bilden einen eigenen Förderschwerpunkt des Dombau-Vereins, darunter die Finanzierung einer Archivanlage und, fortlaufend, die Restaurierung originaler Baupläne und -zeichnungen.
Das Domarchiv Berlin stellt sich vor
Die Anfänge des Domarchivs
Über die Gründung oder Einrichtung eines Domarchivs sind keine Quellen bekannt. Allein die Tatsache, dass über 70 spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Pergamenturkunden im heutigen Domarchiv überliefert sind, lässt jedoch schlussfolgern, dass bereits im Zusammenhang mit der Errichtung des Domstifts 1465 eine Art Archiv existierte, um vor allem die Urkunden als Zeugnisse der Rechtstitel des Domes, später auch die Amtsbücher und Akten aufzubewahren. Im Einkommensregister von 1612 berichtet der Kapitelsschreiber Hieronymus Brunner von „Register[n] unndt…Heubttverschreibungen, welche im großen Capittels-Kasten unnd in der kleine Laden in der Ambtts-Cammer verwahret liegen…“. Als feste Einrichtung tritt im 19. Jahrhundert ein Depositorium auf, das neben Wertpapieren und Schuldverschreibungen unter anderem auch Verwaltungsschriftstücke aufzunehmen hatte. Die Frage der räumlichen Unterbringung des Archivmaterials musste im Zuge des Domneubaus geklärt werden. Raschdorffs Planungen sahen dafür vor, in einem der Verwaltungsräume des südöstlichen Obergeschosses ein Metallstandregal mit 230 qm Lagerfläche einzubauen, das neben den laufenden Verwaltungsakten auch das Archivgut aufnehmen sollte. 1929 erfolgte mit einem förmlichen Beschluss des Domkirchenkollegiums der systematische Aufbau eines Archivs im heutigen Sinne.
Autor:
Yves A. Pillep, Domarchivar,
im Januar 2021
Weitere Informationen über das Domarchiv und seine Unterlagen finden Sie auf www.berlinerdom.de sowie auf www.domarchiv-berlin.findbuch.net.
Ältestes Dokument des Domarchivs: Urkunde Markgraf Josts vom 29.09.1409 über die Stiftung einer Kapelle in der Petrikirche Cölln (Bestand 9, Nr.10).
Links: „4 Taler, 14 Groschen, 4 Pfennige an 3 Thaler, 4 silbergroschen nach Franckfortt und Leibzigk geschickett, dafür weirauch zu kauffen“. Eintrag im Register der Einnahmen und Ausgaben 1593/94 (Bestand 1, Nr.6109).
Rechts: „Verzeichniß derer in der Evangelisch-Reformirten Ober-Pfarr- und Dom-Kirche getauften Kinder, angefangen mit Einweyhung der neuen Dom-Kirche in Berlin, den 6ten September 1750“ (Bestand 13, Nr.1).
Entwicklung nach 1945
Im Mai 1944 wurde der Berliner Dom von einer Brandbombe zu großen Teilen zerstört. Wohl unter diesem Eindruck versuchte man, zumindest einen Teil der Überlieferung vor drohendem Verlust zu retten. So verließen im Januar 1945 im Rahmen einer Luftschutzmaßnahme 377 Pakete mit Archivalien den Dom, um in Schloss Oberquell bei Glogau in Niederschlesien gesichert zu werden. Die zu diesem Zeitpunkt kurrenten Verwaltungsakten, aber auch ein Teil der älteren Überlieferung, verblieben allerdings am Dom. Nach Kriegsende gelangten die Unterlagen aus dem nun polnischen Gaworzyce zunächst in das Woiwodschaftsarchiv Wrocław/Breslau. Anfang der 1960er Jahre wurden sie von der polnischen Regierung über die Zwischenstation Stadtarchiv (Ost-) Berlin an das Brandenburgische Landeshauptarchiv Potsdam abgegeben. Dort befindet sich dieser Teilbestand mit ca. 2000 Verzeichnungseinheiten noch heute. Der im Dom verbliebene Teilbestand musste zunächst von verschiedenen Aufbewahrungsorten innerhalb der Domruine zusammengetragen werden. Es wird berichtet, man habe Akten teilweise mit dem Schneeschieber aus dem Trümmerschutt geborgen. Aus Gründen besserer Benutzbarkeit und der Bestandserhaltung haben das Brandenburgische Landeshauptarchiv und der Berliner Dom beschlossen, beide Teilbestände zu verfilmen und diese somit virtuell wieder zu vereinigen, sodass Benutzer in die komfortable Situation versetzt werden, künftig an einem Ort das gesamte Material einsehen zu können.
Erstes Stülerprojekt für einen Domneubau, Terrakottendecke der Säulenhalle der Fürstengruft, um 1848 (Bestand 18, Nr.1537).
Zweites Projekt Stülers (Zentralbau) für einen Domneubau, perspektivische Ansicht von West, 1857 (Bestand 18, Nr.1262).
Die Bestände des Domarchivs
Neben Kirchenbüchern, Akten, 73 spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Pergamenturkunden sowie ca. 7000 Bauzeichnungen gehören zum Bestand auch eine Predigtsammlung, eine Zeitungsauschnittsammlung, eine Photosammlung, verschiedene Nachlässe und andere Dokumente, die seit der Errichtung des Domstifts 1465 bis heute entstanden sind und einen Einblick in fünfeinhalb Jahrhunderte Domgeschichte bieten. Ein Großteil der Überlieferung beinhaltet Unterlagen aus der Erbauungszeit des jetzigen Gebäudes. Dazu gehören Schriftwechsel des Architekten Raschdorff mit dem Domkirchenkollegium, Vertrags- und Rechnungsunterlagen, zum Teil mit bedeutenden Künstlern wie Anton von Werner, Fritz Schaper und Walter Schott, Bauzeichnungen usw. Das Material, das durch die inhaltliche Erfassung der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt wird, ermöglicht somit auch einen Blick auf die Entwurfs- und Baugeschichte des Berliner Doms. Diese Unterlagen befinden sich im 2016 bezogenen, neuen Magazinraum im Dachgeschoss der Westseite. Dank der großzügigen Hilfe des Berliner Dombau-Vereins konnte der Raum mit einer modernen, den Ansprüchen an eine zeitgemäße Magazinverwaltung genügenden Fahrregalanlage ausgestattet werden, die die Gewähr bietet, die alten Unterlagen des Dombaubüros und des Domarchivs, wie auch neu hinzukommendes Archivgut aus der Domverwaltung auf Jahrzehnte hin aufzunehmen. Der Berliner Dombau-Verein unterstützt daneben seit Jahren bestandserhaltende Maßnahmen in Bestand 18 „Historische Plansammlung“. Mithilfe dieser finanziellen Unterstützung konnten so in den letzten Jahren über 200 Zeichnungen restauratorisch behandelt und damit für die Nachwelt gesichert werden, darunter Originale von Stüler, nicht verwirklichte Vorentwürfe Raschdorffs sowie Vorschläge für den Wiederaufbau aus den 1950er Jahren.
Hohenzollerngruft im Alten Dom mit Bezeichnung der Särge, Grundriss, 1886. „Königliches Grabgewölbe im Dom zu Berlin. Anderweite Aufstellung der fürstlichen Särge. Genehmigt! 6. August 1886 (gez.) Friedrich Wilhelm“. (Bestand 18, Nr.6716).
Der Prozess der Dokumentenrestaurierung
Mein Studium der Papierrestaurierung am Camberwell College of Arts in London habe ich im Jahr 1991 mit dem Higher National Diploma (HND) abgeschlossen. Seither war ich in verschiedenen Museen und Ateliers festangestellt und freiberuflich tätig: Berlinische Galerie Berlin, Kollegium der Restauratoren Berlin, Albertina Wien, Schröder Caney Siedler GbR Berlin, Museum Europäischer Kulturen in Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz und führe nun mein eigenes Atelier für Papierrestaurierung in Berlin-Friedenau.
Spezialisiert bin ich auf die Restaurierung von Druckgraphik und Zeichnung, vom 14. Jahrhundert bis zu zeitgenössischer Kunst. Aber auch Aquarelle, Gouachen, Landkarten, Baupläne, Akten, Hängerollen, Tapeten bis hin zu Reliefs und Skulpturen aus Pappe gehören zu meinem Arbeitsspektrum.
Ebenso führe ich das Erstellen von methodischen Konzepten zur Restaurierung, Gutachten und Zustandsprotokollen sowie die konservatorische Betreuung von Ausstellungen durch.
Die Plansammlung des Domarchivs habe ich 2007 gemeinsam mit einer Kollegin zum ersten Mal gesichtet. Es wurde schnell klar, dass die Sammlung sehr umfangreich ist, stark von Schimmel befallen war und ein sehr umfassendes Konzept zum weiteren Umgang mit den fast zehntausend Plänen benötigt wurde.
Autorin:
Silke Schröder, Papierrestauratorin,
im Januar 2021
kunstaufpapier.de
Erste Sichtung im Jahr 2007
(Foto: Hildegard Homburger)
Die Restaurierung eines so umfangreichen Konvoluts ist natürlich enorm zeitaufwändig, und zunächst wurde damit begonnen, alle flach gelagerten Pläne durchzuzählen, mit Inventarnummern zu versehen und zu fotografieren.
Die Reprostation im Depot über dem Eingangsgewölbe des Doms
(Foto: Silke Schröder)
Anschließend wurden die Pläne in kleineren Chargen in sauberem, säurefreiem Material verpackt und mit einer Schicht aus Tyvek umhüllt, ein Polyestervlies welches undurchlässig für Schimmelsporen aber trotzdem atmungsaktiv ist.
Jahr für Jahr können nun einige Pläne restauriert werden. Das wichtigste ist hierbei die Reinigung und die Entfernung der Schimmelsporen. Denn auch wenn der Schimmel aktuell nicht aktiv ist kann er doch heftige allergische Reaktionen auslösen und bei ungünstigen klimatischen Verhältnissen sogar wieder aufleben und sich verbreiten.
Hierfür eignet sich sehr gut ein Schwamm aus reinem Naturlatex. Mit diesem Schwamm werden beinahe 100 % der Sporen und sehr viel des oberflächig aufliegenden Schmutzes entfernt, aber es ist wichtig gleichzeitig mit einem speziellen Staubsauger die entstehenden Radierkrümel und Stäube aufzusaugen, damit die Sporen nicht in die Raumluft geraten. Es ist auch notwendig sich selbst bei dieser Arbeit mit Latexhandschuhen, Schutzbrille und Atemschutzmaske zu schützen.
Reinigung mit Latexschwamm, anschließend absaugen des Staubes und der Radierkrümel.
Fragment des Kartons zum Deckenmosaik des Lucas
(Fotos: Silke Schröder)
Nach der Reinigung muss von Fall zu Fall entschieden werden, welche Behandlung für das jeweilige Objekt die beste ist – dabei muss abgewogen werden was nötig und was möglich ist.
Die vorgefundenen ausgeführten Techniken sind sehr unterschiedlich, von detaillierten Aquarell- und Tuschezeichnungen über rasche Skizzen zu maßstabsgerechten Detailzeichnungen, von großformatigen Kartons zu den Mosaiken über photomechanische Reproduktionen, ausgeführt auf Transparentpapier, Zeichenkarton oder Kopierleinen.
Das erhaltene Fragment des Kartons zum Deckenmosaik „Lucas“ misst ca. 1,80 × 1,80 m und wurde nach der Reinigung geglättet und alle Risse wurden verschlossen. Hierfür wurden Streifen aus Japanpapier gerissen und mit Weizenstärkekleister auf der Rückseite des Objekts verklebt.
Fragment des Kartons zum Deckenmosaik „Lucas“, Vorzustand, Nachzustand recto, Nachzustand verso mit Verklebungen aus Japanpapier
(Fotos: Holger Herschel, Silke Schröder)
Nach Fertigstellung der Restaurierung wurde dieses Objekt auf eine Rolle aus säurefreiem Museumskarton aufgerollt, mit Tyvek umhüllt und liegend gelagert. Es ist zu groß, um in einem der vorhandenen Graphikschränke Platz zu finden.
Kleinere Objekte, die in einer stabilen Technik wie z. B. Tusche ausgeführt wurden, oder Druckgrafiken können meist bei Bedarf gebadet werden um Verbräunung, Flecken und Versäuerung auszuschwämmen.
Das Beispiel zeigt eine Lithographie von 1891, ein früher Entwurf des Domes von Julius Carl Raschdorff. Nach der Reinigung wurde das Blatt gebadet, geglättet und ergänzt. Bei Dokumenten und Archivalien verzichtet man im Allgemeinen auf eine Retusche.
Vor und nach der Restaurierung
(Fotos: Holger Herschel/ Silke Schröder)
Andere Objekte, wie z. B. Collagen, können nicht einfach gewässert werden. Ein Blatt mit aufgeklebten Graphitzeichnungen von Julius Carl Raschdorff, dem Architekten des Doms, war jedoch so stark verschmutzt und verschimmelt, dass die Collage-Elemente abgelöst wurden und der Trägerkarton und die drei abgenommenen Transparentpapiere separat behandelt wurden. Anschließend wurden sie wieder auf den Trägerkarton montiert. Die exakten Positionen wurden vorher markiert.
Collage vor und nach der Restaurierung
(Fotos: Holger Herschel/Silke Schröder)
Dieser Entwurf von Julius Carl und Otto Raschdorff wurde erst vor wenigen Jahren an den Dom zurückgegeben. Er war viele Jahre lang zu einem kleinen Paket zusammengefaltet aufbewahrt worden, bevor er seinen Weg zurück ins Domarchiv fand.
Das Blatt wurde konservatorisch behandelt, d. h. gereinigt und geglättet und die Risse wurden mit Japanpapier und Weizenstärkekleister geschlossen. Die Fehlstellen wurden neutral mit Papier ergänzt, ohne die Zeichnung zu vervollständigen.
Ergänzungen der Fehlstellen ohne Retusche
(Fotos: Silke Schröder)
Nach nunmehr 14 Jahren, in denen die Plansammlung des Domarchivs konservatorisch betreut und bearbeitet wird, konnten ungefähr 200 Pläne restauriert werden.
Außer den ca. 10.000 flach gelagerten Plänen gibt es noch zahlreiche gerollte Pläne, die vorerst nur in Tyvek verpackt wurden, um die Ausbreitung der Schimmelsporen zu unterbinden.
Es gibt also noch sehr viel zu restaurieren.